Rekrutierung 2000
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Rekrutierung 2000

 

Plädoyer für einen Paradigmenwechsel

 

Holger Kerkow
Ingo Kipker

Deutsche Börse AG

Ausgangssituation

Wenn Klagen zum Gruß der deutschen Kaufleute gehört, so ist lautes Jammern das ständige Begleitgeräusch deutscher Personaler. Der Markt für exzellente Nachwuchskräfte und IT-Spezialisten sei leergefegt, heißt es. Selbst hohe Ausgaben für Rekrutierungsaktivitäten könnten keinen Erfolg auf dem Arbeitsmarkt garantieren. Dabei verschulden die Personalmanager durch die Verfolgung von Trends die Erhöhung der Kosten und Misserfolgsquoten. Nur selten werden innovative Ansätze verfolgt, Konformität steht auf der Tagesordnung.

Auch in 2000 wird keine Entspannung auf dem hart umkämpften Märkten für exzellente Nachwuchs- und Führungskräfte eintreten. Auch nach Bewältigung der Jahr-2000-Umstellungen werden IT-Professionals Mangelware sein. Zu groß ist der Umsetzungsstau und Innovationsnachholbedarf.

Darüber hinaus werden neue Nachfrager auf dem Personalmarkt auftauchen. Bei talentierten Nachwuchs-und Führungskräften wird weiterhin ein Nachfrageüberhang bestehen. Das wird sich auch in 2000 nicht ändern. Gefragt sind daher Lösungen, die von den alten Paradigmen wegführen und eine Optimierung der Personalgewinnung bei den gegebenen Marktbedingungen ermöglichen.

  Aktuelle Trends und Lösungsansätze

Glaube an Hochschulrankings

Die Rankings zur Beurteilung der Qualität von Hochschulen und deren Absolventen beschränken sich seit Jahren auf den gleichen Kreis deutscher Hochschulen. Insbesondere die Befragung von Managern und Personalern führt zu deutlichen Präferenzen für traditionsreiche Massenuniversitäten und die jungen Privathochschulen. Die Ergebnisse dieser Rankings werden von vielen Personalbeschaffern starr verfolgt, obwohl das Zustandekommen der Hochschulbewertung eher fragwürdig ist.

Die Präferenz für die Traditionsuniversitäten lässt sich überwiegend aus dem Masseneffekt ableiten. Jeder Manager empfiehlt gerne seine eigene Ausbildungsstätte, er ist vielfach der festen Überzeugung, die beste und umfassendste Ausbildung erhalten zu haben. Die Unis, die schon am längsten existieren und die meisten Absolventen freisetzen, führen automatisch bei Umfragen die Ranglisten an.

Dabei hat die Qualität der Lehre trotz der großen Namen und einer traditionsreichen Reputation erheblich gelitten. Vorlesungen und Übungen werden meist nur noch von Assistenten gehalten, Lehrinhalte- und formate sind teilweise veraltet.

Bei den Privathochschulen treten diese Schwachstellen sicherlich nicht auf. Im Gegenteil, es existieren exzellente Betreuungsverhältnisse und Rahmenbedingungen unter Bevorzugung moderner Lehrmethoden. Das Studium ist jedoch extrem verschult, die Studenten erhalten Unterstützung bei der Wohnungs-, Praktika-, Auslandsstudium- und Arbeitgebersuche. Eigenständigkeit und Durchsetzungsvermögen werden auf diese Weise in keinster Weise gefördert. Gerade dies sind jedoch grundlegende Eigenschaften, die im heutigen Berufsleben gebraucht werden.

Obwohl beide angeführten Sachverhalte den Unternehmen wohl bekannt sind, konzentrieren sie ihre Rekrutierungsbemühungen und Hochschulkontakte weiterhin auf die im Ranking bevorzugten Unis. Dahinter steckt eine gewisse Unsicherheit, die durch den Kauf von großen Namen oder Marken überspielt werden soll.

Lösungsansatz:

Die Professoren an den jüngeren, weniger renommierten Universitäten sind zum größten Teil viel engagierter. Gerade kleine Unis bieten beste Studienbedingungen. Die herausragenden Studenten dieser Fakultäten sind allemal besser als das Mittelmaß oder untere Drittel der Renommier-Unis. Rekrutierer sollten dementsprechend antizyklisch handeln und ihre Rekrutierungsbemühungen bewusst auf die weniger populären Hochschulen konzentrieren.

Festhalten an klassischen Ausschreibungsmedien

Viele Unternehmen halten nach wie vor an klassischen Ausschreibungsmedien fest. Dabei steigen die Kosten von Stellenanzeigen in Fach- und Tageszeitungen weiter an, die Rücklauf- und Erfolgsquote sinkt.

Die Vorteile des Internets werden selbst von vielen Fachleuten noch unterschätzt. Doch aus Kosten-, Aktualitäts- und Reaktionsgeschwindigkeitsaspekten und im Hinblick auf den Nutzerkreis und die geringe Hemmschwelle ist dieses Medium heute unschlagbar. Eine Untersuchung der am deutschen Aktienmarkt notierten Gesellschaften zeigt, dass das hohe Interesse an der Internetdienstleistung des Unternehmens nur unzureichend auf Rekrutierungszwecke umgeleitet wird.

Lösungsansatz:

Unternehmen, deren Internet-Homepage weniger Interessenten verzeichnen, können den Service von Internet-Jobbörsen nutzen. Da im Internet eher funktions- als unternehmensbezogen gesucht wird, können sie auf diese Weise von den externen Dienstleistern profitieren. Unternehmen sollten hier bewusst neue Wege beschreiten. Anstatt im Stellenmarkt als eine von 40.000 Stellenanzeigen unterzugehen, sollten andere ungewöhnliche Medien ausprobiert werden. Die Anzeigen „Rückkehrer“ von der Hamburger Agentur J. v. Matt, „Morgen im Vorstand“ der Betriebskrankenkassen oder die Rekrutierungsvorgehensweise der HypoVereinsbank sind hier als positive Beispiele zu nennen.

Run auf Hochschulmessen

Die Inflation von Hochschul-, Kontakt- und Rekrutierungsmessen führt zu sinkenden Erfolgsquoten. Die exzellenten High Potentials werden auf diesen Messen mittlerweile nicht mehr angetroffen. Die Unternehmen werden auf diesen Veranstaltungen zunehmend von Exoten überschwemmt. Von Unternehmens- und Bewerberseite wird über wachsende Oberflächlichkeit geklagt.

Trotz dieses Negativtrends verzichten viele Unternehmen nicht auf ihre Teilnahme. Nach dem Motto „Dabeisein ist Alles“ werden Imagegründe angeführt. Problematisch ist aber, dass auf Events gewonnene Imagewerte schnell verpuffen. Die meisten Absolventen haben kurzfristig einen Job gefunden und die Eindrücke von den einzelnen Ausstellern verschwinden schon wenige Tage nach dem Event.

Die meisten Unternehmen präsentieren sich zu profillos und konform. Nur wenige haben den Mut aufzufallen, fast niemand will provozieren. Witzige, innovative und aufregende Präsentationen und Unternehmensdarstellungen sucht man auf Rekrutierungsveranstaltungen vergeblich.

Lösungsansätze:

Rekrutierungsveranstaltungen sollten anhand klarer Zielkennzahlen (Kontakte, Interviews, Einstellungen) ausgesucht und durchgeführt werden. Eine Teilnahme nach dem olympischen Prinzip sollte vermieden werden. Imagezuwächse können nur bei auffallenden, hervorstechenden Darstellungen erzielt werden. Dabei sollte trotz allem Seriosität und Glaubhaftigkeit nicht verloren gehen.

Trend zu Assessment Centern

Assessment Center erfreuen sich einer neuen Beliebtheit. Unternehmen argumentieren, dass nur so die hohe Anzahl von Bewerbern bewertet und verarbeitet werden kann. Vielfach wird zusätzlich die Konzeption, Vorauswahl und Durchführung auf externe Dienstleister delegiert.

In Massen werden die Bewerber zumeist durch veraltete Rechen-, Organisations- und Konzentrationsaufgaben gejagt. Teilweise werden sogar Rechtschreibungsübungen und Schriftproben durchgeführt. In späteren Gruppenübungen werden dann begutachtende Psychologen hinzugezogen. Auch die persönlichen Interviews am Ende der Assessment Center können die anonyme Atmosphäre nicht entzerren.

Nachwuchskräfte lehnen diese Form des Auswahlprozesses ab. Das Assessment Center wird voraussichtlich  in den kommenden Jahren an Popularität verlieren, da Bewerber verstärkt auf Persönlichkeit und Profil im Rekrutierungsprozess achten werden.

Lösungssätze:

Die Vorselektion kann in Zukunft effizienter über Telefon und Internet erfolgen. Als Auswahlmedium ist der individuelle, firmenspezifische Workshop besser geeignet. Er stellt eine Plattform für ein gegenseitiges Kennenlernen in angenehmer und persönlicher Atmosphäre dar. Ferner sollte der Event-Charakter der Veranstaltung dazu genutzt werden, den Kandidaten Unternehmensphilosophie und kultur zu vermitteln und nachhaltige Präferenzen zu schaffen. Auf die klassischen AC-Aufgaben sollte komplett verzichtet werden. Die Erarbeitung und Präsentation von unternehmensspezifischen Fallstudien sollte klar im Vordergrund stehen. Persönliche Gespräche und ein Abendprogramm könnten den Event abrunden.

Nur die Vorbereitung dieser Veranstaltung sollte in externe Hände gegeben werden. Mit dieser Vorgehensweise werden Personalbeschaffer in Zukunft erheblich höhere Erfolgsquoten und Kosten-Nutzen-Relationen erzielen können.

Fokussierung auf Personalberater und Headhunter

Schon mittlere Positionen werden heute über Headhunter gesucht. Der Nachfrageüberhang für Young Professionals und IT-Profis hat dazu geführt, dass sich Headhunter einer wachsenden Nachfrage erfreuen. Die Preise für Dienstleistungen sind dementsprechend angestiegen, teilweise werden nur noch Beratungsverträge ohne Erfolgsgarantie angeboten.

Auch Personalberatungen haben mit dem aktuellen Nachfrageüberhang zu kämpfen. Sie gehen zunehmend aggressiver vor, die Wahrung von Mandanteninteresse wird verstärkt vernachlässigt und die Anonymität der Kunden ist nicht mehr gewährleistet. Die Qualität der Dienstleistung sinkt bei steigenden Kosten.

 

Lösungsansatz:

Auch wenn auf Executive Search nicht komplett verzichtet werden kann (Direktansprache in Deutschland nur bedingt möglich), sollten Unternehmen vielmehr ihren eigenen Nachwuchs berücksichtigen und ihre firmenspezifischen Netzwerkaktivitäten auf- und ausbauen. So werden derzeit bspw. Alumni-Aktivitäten nur unzureichend  zu Rekrutierungsansätzen genutzt.

Starre in den Anforderungsprofilen

Im Rahmen des Auswahlprozesses werden viele Kandidaten abgelehnt, weil sie keine hundertprozentige Übereinstimmung auf das ausgeschriebene Anforderungsprofil liefern. Dass dies zu Fehleinschätzungen führen kann, beweist das Beispiel Studiengang. Dabei wird vernachlässigt, dass bspw. Studiengänge in den Inhalten und Formaten je nach Universität stark differieren und sich in den vergangenen Jahren extrem gewandelt haben. Einige naturwissenschaftlichen Lehrgänge generieren aufgrund ihrer Ausrichtung exzellente IT-Spezialisten.

Auch werden derzeit noch vielfach nur aktuelle gesuchte Profile gesucht und zu wenig Mitarbeiterprofile, die in Zukunft zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen. Angesichts der sich in Zukunft stark wandelnden Aufgabenfelder erscheint diese Rekrutierungspolitik wenig sinnvoll.

Lösungsansätze:

Personalbeschaffer müssen im Auswahlprozess in Bezug auf ihre Anforderungsprofile flexibler werden. Bestimmte Soft Skills wie Flexibilität, Eigenständigkeit und Lernbereitschaft gewährleisten, dass bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten bei entsprechender Infrastruktur noch im Unternehmen gelernt werden. Dies soll nicht als Aufforderung zur Herabsetzung der Anforderungen missverstanden werden, sondern vielmehr als Aufruf zu mehr Mut und Fantasie.

Beharren auf ausführlichen Bewerbungsunterlagen

Einige Personalabteilungen bestehen nach wie vor auf komplette Bewerbungsmappen mit allen nur erdenklichen Zeugnissen und Beurteilungen. Dies sorgt für einen erheblichen Aufwand im Auswahlprozess, verzögert die Prozesszeit und überfordert die zuständigen Personalverantwortlichen. Diese eher deutsche Verhaltensweise sorgt insbesondere bei internationalen Bewerbern für Unverständnis.

Lösungsansätze:

Die deutschen Personalverantwortlichen müssen sich darauf einstellen mit Kurz-CVs zu arbeiten. Ergänzende Unterlagen können dann bei der persönlichen Vorstellung nach positiver erster Auswahlentscheidung eingesehen werden.

Warten auf Abschlussnoten bei Hochschulabsolventen

Die Abschlussnote ist heute immer noch für viele Personaler eines der wichtigsten Auswahlkriterien für Hochschulabsolventen. Dabei wird von einem, langjährigen, konstant positiven Notenschnitt oder ein deutlichen Trendsteigerung auf das zukünftige Leistungspotenzial geschlossen. Gute Hochschulabsolventen haben sich aber i.d.R. bereits lange vor Studienabschluss für einen Arbeitgeber und erste verbindliche Kontakte geknüpft.

Lösungsansätze:

Die Suchaktivitäten nach den Führungskräften von morgen werden sich weiter nach vorne verlagern. Insbesondere mittelständische, weniger bekannte Unternehmen müssen Studenten schon in der Studienzeit eng an sich binden. Praktikanten- und Werkstudentenprogramme, die Betreuung von Diplom- und Doktorarbeiten und die Veranstaltung von Praxisseminaren und studiennahe Veranstaltungen müssen dementsprechend ernst genommen und priorisiert werden. Personaler müssen sich darauf einstellen, ihre Entscheidung ohne Abschlussnoten zu fällen.

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