Die Rankings zur Beurteilung der Qualität von Hochschulen und deren Absolventen beschränken sich seit Jahren auf den gleichen Kreis deutscher Hochschulen. Insbesondere die Befragung von Managern
und Personalern führt zu deutlichen Präferenzen für traditionsreiche Massenuniversitäten und die jungen Privathochschulen. Die Ergebnisse dieser Rankings werden von vielen Personalbeschaffern starr verfolgt,
obwohl das Zustandekommen der Hochschulbewertung eher fragwürdig ist.
Die Präferenz für die Traditionsuniversitäten lässt sich überwiegend aus dem Masseneffekt ableiten. Jeder Manager empfiehlt
gerne seine eigene Ausbildungsstätte, er ist vielfach der festen Überzeugung, die beste und umfassendste Ausbildung erhalten zu haben. Die Unis, die schon am längsten existieren und die meisten Absolventen
freisetzen, führen automatisch bei Umfragen die Ranglisten an.
Dabei hat die Qualität der Lehre trotz der großen Namen und einer traditionsreichen Reputation erheblich gelitten. Vorlesungen und
Übungen werden meist nur noch von Assistenten gehalten, Lehrinhalte- und formate sind teilweise veraltet.
Bei den Privathochschulen treten diese Schwachstellen sicherlich nicht auf. Im
Gegenteil, es existieren exzellente Betreuungsverhältnisse und Rahmenbedingungen unter Bevorzugung moderner Lehrmethoden. Das Studium ist jedoch extrem verschult, die Studenten erhalten Unterstützung bei der
Wohnungs-, Praktika-, Auslandsstudium- und Arbeitgebersuche. Eigenständigkeit und Durchsetzungsvermögen werden auf diese Weise in keinster Weise gefördert. Gerade dies sind jedoch grundlegende Eigenschaften,
die im heutigen Berufsleben gebraucht werden.
Obwohl beide angeführten Sachverhalte den Unternehmen wohl bekannt sind, konzentrieren sie ihre Rekrutierungsbemühungen und Hochschulkontakte
weiterhin auf die im Ranking bevorzugten Unis. Dahinter steckt eine gewisse Unsicherheit, die durch den Kauf von großen Namen oder Marken überspielt werden soll.
Lösungsansatz:
Die Professoren an den jüngeren, weniger renommierten Universitäten sind zum größten Teil viel engagierter. Gerade kleine Unis bieten beste Studienbedingungen. Die herausragenden Studenten dieser
Fakultäten sind allemal besser als das Mittelmaß oder untere Drittel der Renommier-Unis. Rekrutierer sollten dementsprechend antizyklisch handeln und ihre Rekrutierungsbemühungen bewusst auf die weniger
populären Hochschulen konzentrieren.
Festhalten an klassischen Ausschreibungsmedien
Viele Unternehmen halten nach wie vor an klassischen Ausschreibungsmedien fest. Dabei steigen die
Kosten von Stellenanzeigen in Fach- und Tageszeitungen weiter an, die Rücklauf- und Erfolgsquote sinkt.
Die Vorteile des Internets werden selbst von vielen Fachleuten noch unterschätzt. Doch
aus Kosten-, Aktualitäts- und Reaktionsgeschwindigkeitsaspekten und im Hinblick auf den Nutzerkreis und die geringe Hemmschwelle ist dieses Medium heute unschlagbar. Eine Untersuchung der am deutschen
Aktienmarkt notierten Gesellschaften zeigt, dass das hohe Interesse an der Internetdienstleistung des Unternehmens nur unzureichend auf Rekrutierungszwecke umgeleitet wird.
Lösungsansatz:
Unternehmen, deren Internet-Homepage weniger Interessenten verzeichnen, können den Service von Internet-Jobbörsen nutzen. Da im Internet eher funktions- als unternehmensbezogen gesucht wird,
können sie auf diese Weise von den externen Dienstleistern profitieren. Unternehmen sollten hier bewusst neue Wege beschreiten. Anstatt im Stellenmarkt als eine von 40.000 Stellenanzeigen unterzugehen,
sollten andere ungewöhnliche Medien ausprobiert werden. Die Anzeigen „Rückkehrer“ von der Hamburger Agentur J. v. Matt, „Morgen im Vorstand“ der Betriebskrankenkassen oder die
Rekrutierungsvorgehensweise der HypoVereinsbank sind hier als positive Beispiele zu nennen.
Run auf Hochschulmessen
Die Inflation von Hochschul-, Kontakt- und Rekrutierungsmessen führt
zu sinkenden Erfolgsquoten. Die exzellenten High Potentials werden auf diesen Messen mittlerweile nicht mehr angetroffen. Die Unternehmen werden auf diesen Veranstaltungen zunehmend von Exoten überschwemmt.
Von Unternehmens- und Bewerberseite wird über wachsende Oberflächlichkeit geklagt.
Trotz dieses Negativtrends verzichten viele Unternehmen nicht auf ihre Teilnahme. Nach dem Motto „Dabeisein ist
Alles“ werden Imagegründe angeführt. Problematisch ist aber, dass auf Events gewonnene Imagewerte schnell verpuffen. Die meisten Absolventen haben kurzfristig einen Job gefunden und die Eindrücke von den
einzelnen Ausstellern verschwinden schon wenige Tage nach dem Event.
Die meisten Unternehmen präsentieren sich zu profillos und konform. Nur wenige haben den Mut aufzufallen, fast niemand will
provozieren. Witzige, innovative und aufregende Präsentationen und Unternehmensdarstellungen sucht man auf Rekrutierungsveranstaltungen vergeblich.
Lösungsansätze:
Rekrutierungsveranstaltungen sollten anhand klarer Zielkennzahlen (Kontakte, Interviews, Einstellungen) ausgesucht und durchgeführt werden. Eine Teilnahme nach dem olympischen Prinzip sollte vermieden
werden. Imagezuwächse können nur bei auffallenden, hervorstechenden Darstellungen erzielt werden. Dabei sollte trotz allem Seriosität und Glaubhaftigkeit nicht verloren gehen.
Trend zu Assessment Centern
Assessment Center erfreuen sich einer neuen Beliebtheit. Unternehmen argumentieren, dass nur so die hohe Anzahl von Bewerbern bewertet und verarbeitet werden kann. Vielfach wird zusätzlich
die Konzeption, Vorauswahl und Durchführung auf externe Dienstleister delegiert.
In Massen werden die Bewerber zumeist durch veraltete Rechen-, Organisations- und Konzentrationsaufgaben gejagt.
Teilweise werden sogar Rechtschreibungsübungen und Schriftproben durchgeführt. In späteren Gruppenübungen werden dann begutachtende Psychologen hinzugezogen. Auch die persönlichen Interviews am Ende der
Assessment Center können die anonyme Atmosphäre nicht entzerren.
Nachwuchskräfte lehnen diese Form des Auswahlprozesses ab. Das Assessment Center wird voraussichtlich in den kommenden
Jahren an Popularität verlieren, da Bewerber verstärkt auf Persönlichkeit und Profil im Rekrutierungsprozess achten werden.
Lösungssätze:
Die Vorselektion kann in Zukunft
effizienter über Telefon und Internet erfolgen. Als Auswahlmedium ist der individuelle, firmenspezifische Workshop besser geeignet. Er stellt eine Plattform für ein gegenseitiges Kennenlernen in angenehmer
und persönlicher Atmosphäre dar. Ferner sollte der Event-Charakter der Veranstaltung dazu genutzt werden, den Kandidaten Unternehmensphilosophie und kultur zu vermitteln und nachhaltige Präferenzen zu
schaffen. Auf die klassischen AC-Aufgaben sollte komplett verzichtet werden. Die Erarbeitung und Präsentation von unternehmensspezifischen Fallstudien sollte klar im Vordergrund stehen. Persönliche Gespräche
und ein Abendprogramm könnten den Event abrunden.
Nur die Vorbereitung dieser Veranstaltung sollte in externe Hände gegeben werden. Mit dieser Vorgehensweise werden Personalbeschaffer in
Zukunft erheblich höhere Erfolgsquoten und Kosten-Nutzen-Relationen erzielen können.
Fokussierung auf Personalberater und Headhunter
Schon mittlere Positionen werden heute über
Headhunter gesucht. Der Nachfrageüberhang für Young Professionals und IT-Profis hat dazu geführt, dass sich Headhunter einer wachsenden Nachfrage erfreuen. Die Preise für Dienstleistungen sind
dementsprechend angestiegen, teilweise werden nur noch Beratungsverträge ohne Erfolgsgarantie angeboten.
Auch Personalberatungen haben mit dem aktuellen Nachfrageüberhang zu kämpfen. Sie
gehen zunehmend aggressiver vor, die Wahrung von Mandanteninteresse wird verstärkt vernachlässigt und die Anonymität der Kunden ist nicht mehr gewährleistet. Die Qualität der Dienstleistung sinkt bei
steigenden Kosten.